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  • Ein neues Internet braucht das Land

    von Andrea Bach

    Willkommen in der Wirklichkeit! Es gibt kein Netz außer dem Internet, und die Server liefern alle Botschaften aus. So oder so ähnlich lautet die zur Zeit konkrete Devise. Leider hat das "Serven" (klingt so ähnlich wie "Surfen" - Erklärung für die Jungen unter euch, die nicht wissen, wie das Internet begann) an Leichtigkeit schwer verloren. Überall sinnlose Diskussionen, Fakenews, Überwachung, Selbstzensur und zeitfressende Aufmerksamkeitserhascherei, also Werbung, die niemand will.

    Holen wir uns das Netz zurück - und machen alles neu? Geht das überhaupt?

    Das ist die Devise und Frage dieses Artikels - mal sehen, was passiert.

    Wer von euch kann sich noch an die berühmte Seite whitehouse.org erinnern? Die war beliebter als die Tagesschau - insbesondere, weil der Zehnpunkteplan des Irakkriegs dort so toll erklärt war (jeder Punkt war verlinkt mit der Seite einer Firma, die dem Vizepräsidenten gehört hatte). Versucht mal, auf den Link jetzt zu klicken - die Seite ist manchmal nicht vorhanden. Das ist ein schlechter Scherz - sie ist vorhanden, aber z.Z. tatsächlich auch eine andere. Wenn ihr nichts seht, dann könnt ihr das gleich mit dem Torbrowser ausprobieren. Was sagt uns das jetzt? Das Internet ist zensiert? Vielleicht. Wer von euch kann sich an die Seite erinnern - und will nicht auf den Link klicken? Kein Problem, dann versucht es mal mit www.wikileaks.org . Ihr kommt auf die Seite, könnt aber den Punkt "The Intolerance Network" nicht anklicken? Wie schade.

    Gehen wir weiter zu den nächsten Problemen wie Facebook, Whatsapp, Signal und wie sie alle heißen. Habt ihr das Gefühl, irgendwas nicht so im Griff zu haben? Signal soll ja "besser" sein als Whatsapp. Achtung, wenn ihr Karteileichen in euren Kontakten habt: Signal liest beim Installieren eure kompletten Kontakte aus und verschickt an alle, die auch bei Signal sind, eine Meldung in eurem Namen, dass ihr jetzt Signal verwendet. Bei manchen Kontakten wollt ihr das vielleicht nicht, aber keine Angst: ihr bekommt das nur mit, wenn sich die Kontakte bei euch dann melden. Facebook verpflichtet euch zum ständigen Benutzen eures Accounts - selbst wenn ihr das nur quasi als eure Visitenkarte verwendet - und nicht ständig online seid - eure Beiträge werden gelöscht. Und apropos Copyright: Facebook erklärt euch in einem tollen Beitrag, wie ihr sicherstellen könnt, dass ihr keine Urheberrechte anderer verletzt. Wie toll, was ist denn mit euren Urheberrechten? Was ist mit euren Bildern, Videos, Kunstwerken etc? Auf die Schnelle hat die Autorin nichts bei Facebook gefunden - aber es ist einmal üblich gewesen, dass diese Rechte zu Facebook übergehen, wenn ihr was einstellt? Vielleicht habe ich das auch nur falsch in Erinnerung, aber das wäre eigentlich meine erste Frage - auf die ich bis jetzt noch keine Antwort habe. Merkt ihr, dass irgendwie der Blickwinkel verschoben ist? Irgendwas ist doch merkwürdig. Es ist selbstverständlich, dass unterschiedliche Personen unterschiedliche Interessen haben, aber wieso gibt es Personen, die nicht in ihrem eigenen Interesse handeln? Wieso verwendet ihr Facebook, wenn ihr sicher sein wollt, eure Urheberrechte zu behalten? Wieso Signal, wenn ihr nicht mit allen euren Kontakten über Signal kommunizieren wollt? Es geht ja noch irgendwie, denkt ihr vielleicht. Aber ab wann geht es nicht mehr, wann ist die Grenze definitiv erreicht? Oder ist sie vielleicht schon überschritten? Wahrscheinlich denkt ihr, dass ihr keine andere Wahl habt, weil ja alle anderen Whatsapp, Signal und Facebook benutzen. Und da habt ihr wahrscheinlich sogar recht.

    Die Autorin des Artikels ist der Ansicht, dass durch die schleichende Zensur die Kreativität im Internet zerstört wird. Facbook muss sich keine Gedanken machen, ob Facebook das Urheberrecht der Nutzer verletzt, da diese ja nichts mehr kreieren können. Diese sind nur noch - wie die Kontakte im Telefonbuch - Karteileichen, an denen Facebook Geld verdienen kann. Wollt ihr das? Und denkt daran, das Richtige zu wählen. Damit die Jungen unter euch einen Eindruck von der Kreativität der Nutzer früher (ja, früher war alles besser) haben - und damit sich die Älteren unter euch mal wieder erinnern, wie das so war, hier ein kleines Gedicht: https://www.supernature-forum.de/threads/wer-routet-so-sp%C3%A4t-durch-nacht-und-wind.8237/ . Und so etwas gab es jede Woche als Email in der Firma - kein Chef hatte sich je darüber beschwert. Natürlich gab es auch geschmacklose Sachen - z.B. sexistischer Kram, den hat die Autorin nach dem Motto "wie du mir, so ich dir" gekontert. Jetzt geht das nicht mehr, einige Männer sind schneller dabei, sich über Diskriminierung zu beschweren als die meisten Frauen.

    Und was jetzt? Die Artikelschreiberin hat keine Kosten und Mühen gescheut und für euch etwas recherchiert. Das Ergebnis ist die (keinen Anspruch auf Vollständigkeit, kann sein, dass in der Zukunft Tools rausfallen oder neue hinzukommen) vorläufige und immer noch nicht aktuelle Liste der zur Verfügung stehenden Software, mit der ihr eventuell eure digitale Eigenständigkeit zurückholen könnt, wenn ihr das wollt:

    Bei allen Tools wurden (wenn überhaupt) nur solche berücksichtigt, die als freie Software aus dem Internet (oha...) zu bekommen waren. Also soviel schonmal zu dem Satz "wir wollen ohne das Internet auskommen" oder "wir wollen das Internet abschaffen".

    Das erste, was zum Vorschein kommt ist

    Tor-Browser, Hyphanet, I2P und Tox

    Der Tor-Browser (https://www.torproject.org/) ist ein Firefox mit integriertem Onion-Routing. Er lässt sich dazu verwenden, das sogenannte DeepWeb (andere kennen das unter dem sehr diskriminierenden Akronym Darknet) zu besuchen. Damit ist es möglich, anonyme Benutzerkonten bei sogenannten "hidden services" zu erstellen, bei denen ihr auch anonym eure Meinung austauschen könnt, also z.B. auf https://whitehouse.org/explore. Einfach mal installieren und dann die Duckduckgo-Suche als "hidden service" besuchen:
    https://duckduckgogg42xjoc72x3sjasowoarfbgcmvfimaftt6twagswzczad.onion/ z.B.
    Wenn ihr damit im Internet seid, sieht das Web gleich viel übersichtlicher aus.

    Ok, Hyphanet (https://www.hyphanet.org/ (tsfka Freenet)) hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel und wird aktiv (!) weiterentwickelt. Es erfreut sich einer großen Community und - funktioniert. Ist also im Prinzip sofort einsetzbar. Das ist schonmal gut. In Hyphanet finden alle Anfänger gleich Hinweise, wie die Software zu verwenden ist. Daumen rauf! Auch hier könnt ihr unbeschwert euch auf Seiten tummeln und anonym bloggen, wenn ihr das wollt. Hyphanet gibt auch gleich den Tipp, gleich drei Identitäten zu erstellen: eine anonyme Identität, eine für die Freunde und eine öffentliche, na bitte, geht doch!

    Das gleiche gilt für I2P (https://geti2p.net/). Es ist ein Fork von Freenet, ist quasi moderner, ebenfalls Haken dran!

    Machen wir weiter mit erfreulichen Entwicklungen: Tox (https://tox.chat/) kann sofort als Alternative zu Whatsapp, Signal oder wie sie alle heißen verwendet werden.

    Bei all diesen vier Sorten von Applikationen sind Pakete für die verschiedenen Systeme (Android, iOS, Mac, Linux, Windows) verfügbar und können sofort installiert werden.

    Dann haben wir da noch

    0net (Zeronet)

    Der ursprüngliche Entwickler Tamas Korcis ist einfach spurlos von der Bildfläche verschwunden (ähnlich wie Satochi und irungentoo) und hat die Software der Welt über den Zaun geworfen (https://zeronet.io/). Das ursprüngliche Repo wird aber nicht mehr (neudeutsch) maintained. Es gibt jetzt 0net-conservancy (https://github.com/zeronet-conservancy/zeronet-conservancy) statt dessen, das funktioniert, wenn man da ein paar Klimmzüge macht (also man muss Softwareentwicklerin sein, sonst beisst man in die Tischkante). Es scheint aber nicht sehr weit verbreitet zu sein. Und leider funktioniert das Erstellen einer Identität auch nicht.

    Transmission, Magic-Wormhole und Tribler

    Transmisison (https://transmissionbt.com/) ist der z.Z. gängige klassische Bittorrentclient, um Daten auszutauschen. Kann man einfach installieren und funktioniert. Damit kann man Dateien veröffentlichen ohne den ganzen Klimmbimm von Logistik, den Gewerbetreibende so machen müssen, um ihre Daten an die Frau zu bringen. Da die meisten mit dem Kram, den sie so veröffentlichen, kein Geld verdienen wollen, lassen sich mit dem Bittorrentprotokoll, Daten ins Internet stellen - ohne eigenen Vertrieb ode Netzseite.

    Das geht aber auch mit dem Peer-2-Peer Tool Magic-Wormhole (https://github.com/magic-wormhole/magic-wormhole, https://github.com/magic-wormhole/magic-wormhole-transit-relay, https://github.com/magic-wormhole/magic-wormhole-mailbox-server), wozu man aber i.d.R. nur als Softwareentwicklerin eine Chance hat, es zu installieren und zu nutzen.

    Apropos Tribler (https://www.tribler.org/). Auch das lässt sich als Paket installieren, allerdings nur für Linux. Aber es soll angeblich ein SwarmPlugin für den Firefox geben (das dann theoretisch auf allen Systemen verfügbar ist), das P2P-TV (Videostreaming) ermöglicht. Leider hat die Autorin es noch nicht gefunden.

    Tribler ist auch deshalb hier aufgeführt, da es dazu ein Plugin geben soll, das mit Blockchaintechnologie kreative Beiträge, die sich via Torrent über Tribler verbreiten, wie auch immer entlohnt. Die Autorin hat noch nicht gefunden, wie das geht, auch ist ihr nicht ganz klar, wie man solche Beiträge dann finden kann. Das meiste, was zur Zeit angeboten wird, ist gängiges Material, also leider langweilig. Aber die Idee ist gut.

    Gnunet

    Dinosaurier sterben doch nicht so schnell aus. Das Gnu-Net (https://www.gnunet.org/) ist Linux- und Unix-basiert (also auch für MAC-OS vorhanden) und nur anwendbar, wenn man sich durch mehrere Seiten Dokumentation durchwühlt. Das ist auch definitiv auf der Seite so dokumentiert: "GNUnet is still undergoing major development. It is largely not yet ready for usage beyond developers.". Das kann die Autorin nicht bestätigen: Obwohl sie Softwarentwicklerin ist, bekommt sie das nicht ans Laufen. Bei irgendeinem Kommando, z.B. "gnunet-messenger" (dann datürlich ein <RET>) passiert einfach - nichts. Ist das so gewollt? Oder zählt nur der gute Wille? Who knows.

    Aber eigentlich verfolgt Gnunet das Credo dieses Artikels: ein Internet, in dem Meinungsfreiheit und Kreativität motiviert sind, sich zu betätigen. Es wollte auch bessere, anwendungsfreundliche Netzwerkprotokolle, die die Privatsphäre nicht aus dem Blick verlieren. Natürlich wurde das Projekt nicht gehypt und auch nicht gefördert - Schade!

    Bitcoin und co.

    Und jetzt noch ein Tipp für die Klima-Nazis unter euch (he, locker bleiben, das war ein Scherz!). Ja, ich weiß, Klima und so, und Bitcoin, der Klimakiller und, ja, weiß ich alles. Deshalb ganz cool bleiben. Die Schreiberin dieses Artikels möchte sich nämlich nur selbst outen: sie hat bei sich einen Bitcoin-Daemon (https://bitcoincore.org/) und einen Bitaxe-Miner (https://bitaxe.org/) laufen, der mit einen Stratum-Server (https://github.com/benjamin-wilson/public-pool), der auch bei ihr läuft, Bitcoins schürft - also versucht, zu schürfen, bisher kam leider noch nix bei rum, so what. Aber das kann auch jede mal machen, wenn es ihr Spaß macht, warum nicht. Leider geht das auch nur als Softwareentwicklerin, tja. Immerhin besser als Lotto spielen. Es kostet ca. 100 Euro an Strom jedes Jahr. Und was bringt es: Unabhängigkeit von den (Zentral-)Banken. Wer's braucht. Es hat z.Z. den eklatanten Nachteil für die meisten Mitmenschen, dass damit Geldwäsche betrieben werden kann. Dazu gibt es ebenfalls ein Projekt: Gnutaler - siehe https://www.taler.net/en/, das in diesem Punkt konsensverträglich gestaltet ist. Das wäre mal was anderes.

    Klartext

    Es gibt noch mehr! Freifunk (https://freifunk.net/), DarkNet42 (https://dn42.de/Home), und bestimmt noch mehr. Aber die obigen und die zusätzlichen Tools, das alles sind Lösungen, die nur dann Sinn machen, wenn ein paar Menschen sich darüber unterhalten und vernetzen - und ihre digitale Eigenständigeit behalten wollen!

    Die Welt ist groß!